Klimaanpassungs-programm/Strategiepapier/Lebensgrundlage
Natürliche Lebensgrundlagen bewahren

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zum Strategiepapier: Lebensgrundlagen bewahren

Lebensräume für Tiere und Pflanzen vernetzen

Der Klimawandel verändert die Lebensräume für Flora und Fauna. Tiere und Pflanzen können sich mit den neuen Bedingungen arrangieren, wenn sie die Möglichkeit haben, auf besser geeignete Biotope auszuweichen. Die Voraussetzung hierfür ist, dass die Lebensräume, insbesondere Schutzgebiete, durch ein Biotopverbundsystem miteinander vernetzt werden.

Dabei kommt es darauf an, die Durchlässigkeit der Landschaft zwischen den Schutzgebieten zu verbessern. Wanderungshindernisse wie Wehre oder Straßen müssen beseitigt oder sollten passierbar gemacht werden, zum Beispiel durch Fischtreppen oder Wildtierpassagen. Grundlegende Bedeutung hat auch die schnelle und umfassende Umsetzung des Handlungsprogramms des Freistaates Sachsen zur Reduzierung der Flächeninanspruchnahme.

Der Gesetzgeber liefert bereits die Grundlagen für den Biotopverbund. So fordert das sächsi-sche Naturschutzgesetz ausdrücklich die Biotopvernetzung. Ansätze hierzu weist auch der neue Landesentwicklungsplan von 2013 aus.

Jetzt ist die Regionalplanung gefordert, die planerischen Grundlagen für die Realisierung eines effektiven Biotopverbundes zu schaffen. Mit den Vorrang- und Vorbehaltsgebieten für den Arten- und Biotopschutz ist das dafür notwendige Instrumentarium gegeben. So könnten die Regionalpläne zum Beispiel „Entwicklungsflächen“ im direkten Umfeld und „Trittsteine“ zwischen den Schutzgebieten ausweisen. Das gilt insbesondere für strukturell verarmte Gebiete mit großflächiger und intensiver landwirtschaftlicher Nutzung.

Damit der Biotopverbund von allen Beteiligten akzeptiert wird, ist es ratsam, einen allgemeinen Konsens in der multifunktionalen Nutzung der verbindenden Flächen zu suchen. Diese können zum Beispiel dem Erosions- oder Windschutz dienen oder für Aufforstungsmaßnahmen genutzt werden.

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Flächen nachhaltig nutzen, besonders wertvolle Standorte erhalten

Die Planungsbehörden auf Landes- und Regionalebene und in den Kommunen müssen die nötigen Grundlagen schaffen, um den Flächenverbrauch zu reduzieren und die ökologisch und landwirtschaftlich besonders wichtigen Böden besser vor Bebauung zu schützen. Besonders schützenswert sind zum Beispiel Auenbereiche, damit bei Überflutung dort Wasser schadlos ablaufen und versickern kann. Auch sehr ertragreiche Böden für die landwirtschaftliche Produktion müssen bewahrt werden. Stadtnahe Landwirtschafts- und Forstflächen haben zudem ökologische Bedeutung und tragen zur regionalen Nahrungsmittelversorgung bei.Für die Bewertung von Böden und ihre optimale Nutzung sind viele Kriterien ausschlaggebend. Es geht nicht nur um den Ertrag, sondern auch um die Bedeutung der Böden für Ökologie, Wasserhaushalt und Klimaschutz. Moorböden zum Beispiel sind wertvoll für den Klimaschutz, weil sie mehr CO2 speichern als abgeben. Die Land- und Forstwirtschaft kann durch nachhaltige Produktion zum Boden- und damit zum Klimaschutz beitragen. Nicht zu vernachlässigen ist auch der Wert von Naturflächen für Erholung und Freizeit. Die zuständigen Landesbehörden sollten gemeinsam mit den Bodeneigentümern, den kommunalen Entscheidern und den Regionalplanern Voraussetzungen und Konzepte für die Nutzung und den Schutz wertvoller Flächen und Böden erarbeiten. Es kommt darauf an, integrierte Bewertungsgrundlagen zu entwickeln und anzuwenden, die alle Funktionen der Böden und ihre natürlichen Gegebenheiten berücksichtigen.Sollen Flächen nachhaltig genutzt werden, müssen Gemeinden und Regionen ihre Verantwortung für zusammenhängende Nutzflächen und Schutzgebiete wahrnehmen. Grundsätzlich muss in Städten und Gemeinden die Wiederbebauung von Siedlungsflächen Vorrang haben vor der Erschließung neuer Baugebiete. Nach Schätzungen des Umweltbundesamts bieten städtische und stadtnahe Brachflächen ein großes Potenzial für die Freiraumplanung. In dicht bebauten Gebieten können Brachen zum Beispiel als Grünflächen genutzt werden, die mehrere Funktionen gleichzeitig erfüllen: Bei entsprechender Gestaltung sorgen sie für ein angenehmes Mikroklima, haben ökologischen Wert und dienen obendrein als Erholungs- und Freizeitflächen. Auch die wirtschaftliche Nutzung kann sich lohnen, etwa für den Anbau von Holz- oder Futterpflanzen. Auf diese Weise lässt sich beispielsweise Biomasse produzieren, während zugleich wichtige ökologische Funktionen erhalten bleiben.

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Sensible Ökosysteme besser schützen und miteinander verbinden

Die meisten Ökosysteme der Modellregion sind durch zahlreiche Nutzungen und Eingriffe bereits heute in ihrer Fähigkeit eingeschränkt, sich selbst zu regulieren. Viele sind nicht robust genug, um dem Klimawandel zu widerstehen. Hier sind die Naturschutzbehörden gefordert. Sie müssen vor allem die menschlichen Eingriffe in Ökosysteme reduzieren, damit die sensiblen Naturräume eine Chance haben, ihr natürliches Anpassungspotenzial zu nutzen. So können Moore auch die künftig stärkeren Dürren überstehen, wenn die künstlich angelegten Entwässerungsanlagen verschlossen und bewaldete Schutzzonen eingerichtet werden. Der neue Landesentwicklungsplan für den Frei-staat Sachsen (2013) legt die Grundlagen für den Schutz des Grundwasserhaushalts und grundwasserabhängiger Ökosysteme. Sollen Gewässer und Feuchtgebiete bewahrt werden, müssen vor allem die Nährstoffeinträge aus der Landwirtschaft eingedämmt werden. Der Erosionsschutz durch angepasste Bodenbearbeitung, Fruchtfolgen und begrünte Pufferzonen spielt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. „Grüngürtel“ rund um die Schutzgebiete müssen ausgedehnt oder neu angelegt werden, um abgetragenes Erdreich abzufangen. Wenn es uns gelingt, die Ökosysteme besser zu schützen, erreichen wir gleichzeitig Natur- und Klimaschutzziele. Feuchtgebiete und Moore zum Beispiel sind immer seltener werdende Lebensräume für spezialisierte Tier- und Pflanzenarten. Zugleich leisten intakte Moore einen Beitrag zum Klimaschutz, weil sie viel Kohlenstoff im Torf binden. Und weil sie Wasser speichern, regulieren sie den Landschaftswasserhaushalt und leis-ten damit einen Beitrag zum Hochwasserschutz.

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Landnutzung anpassen, Umweltqualität verbessern

In den vergangenen Jahrzehnten orientierte sich die Landwirtschaft oft einseitig an ökonomischen Kriterien und an der Erhöhung der Biomasseproduktion. Immer größere Ackerflächen wurden für nur eine Feldfrucht reserviert. Gleichzeitig haben die Landwirte die Vielfalt der Fruchtfolgen eingeengt und Hecken und ungenutzte Feldsäume beseitigt. Mit dem intensiven Ackerbau stieg das Risiko der Bodenerosion. Gleichzeitig verarmte die Landschaft und wertvolle Lebensrä-me für Pflanzen und Tiere wurden zerstört. Das muss sich ändern: Künftig müssen bei der Flächennutzung neben wirtschaftlichen auch ökologische Kriterien eine größere Rolle spielen. Nur so lassen sich Risiken, etwa die Erosion, in den Griff bekommen. Die funktional ausgerichtete Flurneuordnung ist hier ein geeignetes Instrument. Gefordert ist eine Landschaftsgliederung, die die vielfältigen Funktionen von Flächen optimal berücksichtigt und fördert. Sowohl die Bedeutung von Flächen für die Land- und Forstwirtschaft als auch für den Naturhaushalt muss in die Planung einfließen, damit das volle Flächenpotenzial genutzt werden kann und Risiken eingedämmt werden. Das gelingt nur, wenn die Planung auf regionaler Ebene die Wechselwirkungen zwischen landwirtschaftlichen und Naturflächen besonders beachtet. Die Voraussetzung hierfür ist eine Flächenbewertung anhand mehrerer Kriterien, die die unterschiedlichen Nutzungsansprüche und Funktionen verschiedener Flächen wie auch die Wirkungen möglicher Nutzungsänderungen abbilden. Auf diese Weise kann die Flächenplanung zugleich allgemein verständlicher und für die Bürger nachvollziehbarer gestaltet werden, was schließlich der Akzeptanz zugutekommt.

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Mit der Natur arbeiten

Das Beispiel Weingut
Wie reagiert das Sächsische Staatsweingut Schloss Wackerbarth auf den vorhergesagten Temperaturanstieg – planen Sie bereits den Anbau anderer, wärmeliebender Rebsorten?

Aumüller: Wir haben noch nicht vor, südliche Rebsorten anzupflanzen. An anderen Standorten, zum Beispiel in der Pfalz, werden jetzt schon Sauvignon Blanc und Merlot angepflanzt – aber sie erreichen noch nicht den internationalen Standard.

Welche Strategie verfolgen Sie stattdessen?
Aumüller: Wir arbeiten mit der Natur, nicht gegen sie. Das bedeutet, dass wir ständig die Bedingungen beobachten und täglich Kontakt mit dem Wetterdienst haben. Unser Vorgehen passen wir der Witterung an. Bei längeren Trockenperioden sorgen wir zum Beispiel dafür, dass die Reben wenig Konkurrenz um den Wasserhaushalt haben. In der Landwirtschaft ist heute sehr viel Technik im Einsatz. Nur wenige beobachten noch die Natur. Dabei hatten unsere Vorfahren mit dieser Methode durchaus Erfolg.

Sehen Sie die Erwärmung in der Region als Chance oder als Risiko für den Weinbau?
Aumüller: Eher als Chance für das nördliche und eher kalte Anbaugebiet. Für den Weinbau in Sachsen kann eine Erwärmung positiv sein, vorausgesetzt es gibt keine starken Klimaextreme.

Die Erosion stellt im Klimawandel eine Gefahr dar, gerade Steillagen sind betroffen. Wie schützen Sie Ihre Anbaugebiete?
Aumüller: Es ist schon vorgekommen, dass nach starken Regengüssen der gute Boden weggespült wurde und unten auf der Straße lag. Das passiert vor allem, wenn der Boden sehr feinporig ist. Diesem Risiko kann man durch eine schonende Bodenbearbeitung vorbeugen.

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Entscheidungshilfen für die Sicherung und Entwicklung von Standorten und Erträgen

Das Beispiel Simulation
Die Experten sind sich einig: Angesichts des Klimawandels ist Erosionsschutz durch die Landwirtschaft wichtiger denn je. Aber wie wirksam sind die Schutzmaßnahmen? Und welche Wechselwirkungen haben sie mit anderen Handlungsfeldern? Mit Hilfe von Computersoftware, so genannten Entscheidungsunterstützungswerkzeugen, lassen sich Antworten auf solche komplexen Fragen finden. So wurden mittels der Software GISCAME für einen Landschaftsausschnitt aus dem Erzge-birgsvorland Simulationen entwickelt. Ein Simulationslauf stellte die Abkehr von konventioneller Bodenbearbeitung mit dem Pflug hin zu konservierender Bodenbearbeitung mit Mulchsaat bezie-hungsweise Direktsaat dar.
Die Simulation zeigt, dass die schonende Bodenbearbeitung viele Vorteile hat, nicht nur im Hinblick auf den Erosionsschutz. Sie reguliert auch das Hochwasser- und Dürrerisiko und hat ökologische Vorteile. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wird durch konservierende Bodenbearbeitung kaum beeinflusst. So werden Erträge auch in Zukunft gesichert, während die Umstellung der Bewirtschaf-tung zugleich wirksam vor Erosion schützt.
Entscheidungsunterstützungswerkzeuge können sich zu einem wichtigen Instrument entwickeln, wenn es darum geht, bei der Landwirtschaftsentwicklung die Weichen richtig zu stellen und die beste Bewirtschaftungsstrategie für einen Standort zu finden.

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Eingriffe in die Natur angemessen kompensieren

Das Land und die Kommunen müssen sicherstellen, dass Eingriffe in die Natur vermieden und unvermeidbare Eingriffe – zum Beispiel durch Bebauung – angemessen kompensiert werden. Dabei sind die Anforderungen des Klimaschutzes und der Anpassung zu beachten. Wird eine Fläche versiegelt, muss an anderer Stelle entsiegelt werden. Ist das Fällen von Bäumen unvermeidlich, muss dieser Verlust durch adäquate Anpflanzungen ausgeglichen werden. Ausgleichsmaßnahmen können dabei so gestaltet werden, dass sie mehrere positive Effekte kombinieren. Beispiel Entsiegelung: Sie verbessert lokal die Bodenbeschaffenheit und den Grundwasserhaushalt. Wird die entsiegelte Fläche anschließend bepflanzt, profitiert auch das Stadtklima und natürliche Lebensräume werden vernetzt. Sinnvoll ist eine Kompensation der Natureingriffe natürlich vor allem dort, wo im Hinblick auf den Klimawandel besonders großer Handlungsbedarf besteht. Vor allem müssen innerhalb der Städte mehr Grünflächen entstehen. Bedarf an weiteren Naturflächen besteht aber auch außerhalb der Zentren, damit ein funktionierender Biotopverbund geschaffen werden kann. Für die Auswahl geeigneter Kompensationsflächen ist die Regional- und Bauleitplanung eine wichtige Hilfe. In ihren Plänen benennt sie passende Orte, die mehrere ökologische Vorteile vereinen.Der Gesetzgeber stärkt den Ausgleichsmaßnahmen bisher nur teilweise den Rücken. Einerseits müssen Investoren bei Neubebauung eine Flächenentsiegelung an anderer Stelle bezahlen. Andererseits wurde aber im Landesnaturschutzgesetz der Schutz von Bäumen stark gelockert, sodass einer Abholzung von gerade klimatisch wichtigem „Großgrün“ in der Praxis nicht mehr viel im Wege steht. Unter anderem sprechen deshalb auch stadtklimatische Gründe dafür, über eine Revision der Gesetzesänderung nachzudenken.

Gebündeltes Engagement: mehr Grün für Gorbitz

Das Beispiel Dresden
Wo früher bis zu 300 Autos parkten, wird man künftig einen Spaziergang im Grünen machen können: Im Dresdner Stadtteil Gorbitz hat die Eisenbahner-Wohnungsbaugenossenschaft (EWG) einen nicht mehr benötigten Parkplatz entsiegelt und die Fläche mit rund 5.000 Gehölzen bepflanzt. Dafür wurden auch Mittel aus dem Eingriffsausgleich der Stadt Dresden eingesetzt. Das neue Wäldchen trägt dazu bei, das ökologische Netz der Stadt Dresden auszuweiten. Als kleine „grüne Insel“ wird es im Wohngebiet das Mikroklima verbessern. Weil Regenwasser auf der Grünfläche versickern kann, wird die Kanalisation entlastet; damit verringern sich die Abwassergebühren. Es kommt seltener zu Kanalüberflutungen, das verhindert Schäden und spart Kosten für den Flächeneigentümer und damit auch für die Mieter. Dass mehr Niederschlagswasser versickern kann, kommt auch der Grundwasserbildung zugute. Für die neue Anlage ist vergleichsweise wenig Pflegeaufwand nötig, trotzdem wertet die Grünfläche den Stadtteil auf und macht ihn als Wohngegend attraktiver. Das Beispiel zeigt: Durch die Bündelung von Finanzmitteln und finanziellen Anreizen können auch Private auf ihren Grundstücken viel tun.

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Wasserversorgung sichern

Es wird künftig wichtiger, dass Wasserversorgungsunternehmen und die Landestalsperrenverwaltung Talsperrensysteme gezielt überwachen, um Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserqualität rechtzeitig zu erkennen und bei Bedarf Anpassungsmaßnahmen entwickeln zu können.Auch das Grundwasser muss intensiv überwacht und geschützt werden. Kommunen sollten die Grundwasserneubildung fördern, indem sie Flächen entsiegeln. Insbesondere in städtischen Gebieten muss sichergestellt werden, dass die Grundwassertemperatur möglichst niedrig bleibt. Wenn beispielsweise Unternehmen oder öffentliche Gebäude Grundwasser für ihre Klimatisierung nutzen, sollte das durch die Nutzung erwärmte Wasser abgekühlt werden, bevor es wieder ins Grundwasser eingespeist wird. Damit die Folgen des Klimawandels für das Grund- und Oberflächenwasser beherrschbar bleiben, sollten diese vor anderen negativen Einflüssen, insbesondere Schadstoffen, ge-schützt werden. Dazu gehört auch, dass Altlasten ehemaliger Gewerbe- und Industriestandorte saniert werden. Landwirte sind gefordert, durch geeignete Bewirtschaftungskonzepte und Flä-chennutzungen die Erosion und Schadstoffeinträge in Gewässer zu reduzieren.

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